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neue frequenzen empfangen...
EINE KONZERTREIHE IN FRANKFURT AM MAIN
Seit fünf Jahren setzt die im Jahr 2003 gegründete "frankfurter gesellschaft für neue musik" (fgnm) mit der Konzertreihe "frequenzen" einen eigenen Akzent im Frankfurter Konzertleben.
Ein Rückblick von Caroline Lüderssen.

Die "frequenzen", die mit Unterstützung und Zusammenarbeit mit der Dresdner Bank durchgeführt werden, folgen in ihrer programmatischen Ausrichtung dem auf der Homepage der fgnm zu lesenden Wunsch, der "Event-Kultur" zu begegnen, die nur auf ein "risikofreies" Repertoire setzt, um den kommerziellen Erfolg zu sichern. Eine Förderung durch den Deutschen Musikrat und die Medienpartnerschaft des Hessischen Rundfunks halfen im ersten Jahr bei der Umsetzung der Ideen.

Ungewöhnlich ist schon der Aufführungsort, der >>raum für kultur<< im verglasten und also von außen einsehbaren Lobby-Bereich des Dresdner Bank-Hochhaus-Komplexes an der Taunusanlage im Herzen Frankfurts. Der tagsüber als Großraumbüro genutzte Raum wird für die Konzertabende umgestaltet und mit Schemeln ausgestattet, deren Unbequemlichkeit durch Filzkissen begegnet wird. Der Raum und die entsprechend begrenzte Bühne geben eine kleine Besetzung vor – doch aus der Not wird eine Tugend: Die Reihe gibt einen Überblick über Darbietungs- und Wahrnehmungsmöglichkeiten zeitgenössischer Musik, wobei die Konzentration auf das Rhein-Main-Gebiet, und zwar bezogen sowohl auf Komponisten wie Interpreten, nicht begrenzend, sondern zuspitzend wirkt. In unregelmäßigen Abständen öffnet sich die Reihe zudem der Zusammenarbeit mit auswärtigen Ensembles ("Global Ear" mit dem indischen Musiker Ganesh Anandan, Gastspiel des schwedischen Duos Axelsson & Nilsson unter dem Motto "Frankfurt – Stockholm").

Einen Schwerpunkt des Programms bilden Porträtkonzerte, die sich mit Frankfurt verbundenen Komponisten widmen: Eine Hommage an den im letzten Jahr siebzig Jahre alt gewordenen Rolf Riehm konzentrierte sich auf Werke für Gitarre (Christopher Brandt, Robin Hoffmann), die Riehm als politisch engagierten Künstler zeigten; das Hába Quartett präsentierte Werke von Christian Ridil, dem Universitätsmusikdirektor der Frankfurter Goethe-Universität; der frühere Redakteur für Neue Musik im Hessischen Rundfunk (und Gründer der großen hr-Konzertreihe "Forum Neue Musik") Ernstalbrecht Stiebler kam mit der Aufführung vor allem solistischer Werke an die Reihe (Ensemble Modern-Mitglieder Dietmar Wiesner, Hermann Kretzschmar, Rainer Römer an Flöte, Klavier und Bongo-Trommeln); Gerhard Müller-Hornbach wurde vom Mutare-Ensemble (das er mitbegründet hat) vorgestellt; ein Porträt Hans Zenders, wie Riehm und Müller-Hornbach Professor für Komposition an der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, wurde dem e-mex neue musik ensemble anvertraut, das Zenders Werken Kompositionen von Beat Furrer (inzwischen auch nach Frankfurt berufen) gegenüberstellte.

Schließlich ist die Einladung von in Frankfurt und Umgebung ansässigen Ensembles für Neue Musik ein Kernpunkt des Programms der "frequenzen". Gerade in diesem Bereich zeigt sich dessen Originalität: Neben Solo-Abenden für Schlagzeug, Klavier, Blockflöte standen MERZ (Improvisierte Musik), das Posaunen-Ensemble "composers slide quartet", "The Alps Blues Clone" (Cello, Zither, Elektronik) u.v.a. auf der Bühne. Auch die Schauspielerin Michaela Ehinger konnte ihre Virtuosität für "Sprache solo" zeigen: mit Rezitationen aus Heiner Goebbels' Hashiragaki und Annalivias Monolog aus James Joyces Roman Finnigans Wake (in der Übersetzung von Klaus Reichert). Experimente mit Elektronik, Computer und Video (Behrens/Heyduck: Tape Disk), neuen Instrumenten (Volker Staub, Konzert für Stahlsaiten, Schlagzeug und Witterungsinstrumente) und Medien (Scratch-Musiker Stefan Beck) gehören ebenso zum Profil der Reihe wie "Crossover"-Phänomene, wenn etwa elektronisch generierte Raumklänge mit einer Lesung zusammengebracht werden (nordwestpassage von Frank Gerhardt) oder mit traditioneller japanischer Musik (Gegenpole mit Makiko Goto und Jan Jakob Hoffmann). Im ständigen Wechsel von neuen Präsentationsformen und dem "klassischen" Konzert arrivierter Gruppierungen wie dem Ensemble Phorminx, dem Thürmchen-Ensemble, dem Trio Sciolto und dem ensemble belcanto liegt der Reiz dieser wohl einzigartigen Konzertreihe, die für das Jahr 2008 noch einige Höhepunkte zu bieten hat: einen Klavierabend mit Patricia Blumröder (Werke von Isabel Mundry, Pierre Boulez, Matthias Pintscher) am 11. Juni, neue Musik für Countertenor, Viola und Klavier ("stock11.de", am 17. September), das Ensemble Aventure (22. Oktober) und eine Begegnung mit der elektronischen Musik des Kanadiers Julien Bilodeau (12. November). Der Eintritt bei den "frequenzen" ist immer frei, auch dies ist eher ungewöhnlich. Eine Dokumentation der bisherigen "frequenzen" auf CD soll, vorbehaltlich der gesicherten Finanzierung, zum Ende des Jahres erscheinen.


Neue Zeitschrift für Musik 03/2008, Seite 46

 


 

 

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